01 Jan Der Schweizer Knigge
Da bekommt jemand einen durchlöcherten Silberlöffel geschenkt, und der Schenkende vergisst den Hinweis, dass es sich um einen Erdbeer-Zuckerlöffel handelt. Es ist heute gar nicht selbstverständlich, dass man eine Grosstante hat, die erklären kann, dass man mit dieser Gerätschaft Zucker über die Erdbeeren streuen soll. Selten kommt man in die Verlegenheit, dem eigenen Nachwuchs eine Kollegin vorzustellen, die aus einem Fürstenhaus stammt. Darum könnte man meinen, ein moderner Knigge sei eine eher exotische Lektüre: nur sehr gelegentlich benötigt, mit eher abseitigen Themen befasst. Und dann erfährt man als Rezensent, dass „der Schweizer Knigge“ nach wenigen Wochen vergriffen war und eine zweite Auflage im Monat des Erscheinens auf den Markt kommen soll.
Der Schweizer Knigge beginnt mit einer sehr sinnvollen und humorigen Erläuterung des Schweizer Sonderwegs. Es handelt sich also keineswegs nur um ein herkömmliches „Benimmbuch“. Freilich steht angemessenes oder gutes Benehmen im Zentrum des Interesses. Aber neben Tischregeln, Formen der Einladung, passender Kleidung für verschiedene Anlässe und kulturellen Unterschieden im Inland und zu Ausländern werden auch Zweierbeziehungen thematisiert, nicht zuletzt noch Sprachliches.
Hier könnte die Kritik ansetzen: Vor dem Thema „Mundart und Standarddeutsch“ weicht Christoph Stokar aus (was wann mit wem…?). Und der eine oder andere Akademiker könnte abweichender Ansicht sein, was das rasche Weglassen von Titeln betrifft. Aber das sind Kleinlichkeiten. Das Buch liest sich flüssig, das Thema wird kompetent und mit Humor vermittelt. Wie ablöschend Adiletten ausserhalb von Umkleidekabinen wirken können und dass man den CEO bei der Weihnachtsfeier möglichst nicht an der Krawatte zu sich hin ziehen sollte, kann man uns nicht oft genug sagen, wenn es nur auf die richtige Art gesagt wird. Und das kann Stokar.
Das Tischset, anhand dessen sich Geschirr, Gläser und Besteck perfekt platzieren lassen, ist der Knaller.
Der Schweizer Knigge
Von Christoph Stokar
224 Seiten, Klappenbroschur
1. Auflage Dezember 2012
CHF 39.-, für Beobachter-Mitglieder CHF 32.-
Sonderausgabe mit 2 Tischsets, CHF 55.-, für Beobachter-Mitglieder CHF 45.-
Beobachter-Buchverlag, ISBN:978-3-85569-550-8
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